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Filme im Juni 2022


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Mittwoch 1. Juni 2022
18:00 OmU & 20:00 Uhr
In den besten Händen
La Fracture
von Catherine Corsini
Frankreich 2021, 98 min

 

In den besten Händen

Es ist uns gelungen, für den Start im Juni eine ganz frische französische Komödie zu ergattern! Aus den Zeiten der französischen Revolution (À la carte) beamen wir uns in das heutige Paris der Gelbwesten - Proteste.
Die guten französischen Komödien zeichnen sich aus, indem sie aktuelle Probleme mit Witz und Temperament behandeln und gleichzeitig ihrem Thema treu bleiben.
"In den besten Händen" führt uns mitten hinein in eine zerrissene französische Gesellschaft - die Präsidentenwahl steckt uns ja noch in den Knochen -, die in der überlasteten Notaufnahme eines Pariser Krankenhauses wie in einem Brennglas sichtbar wird. Ein überfordertes Gesundheitssystem ist dabei der Brandbeschleuniger: Protagonisten und Irrwitz treiben es an den Rand des Abgrunds!

Die 10-jährige Beziehung zwischen der Comiczeichnerin Raphaela- Valeria Bruni Tedeschi ist unglaublich komisch! - und einer Verlegerin ist am Zerbrechen und führt zu einem gebrochenen Arm - die titelgebende "La Fracture". Sie landen in der Notaufnahme und mitten im Chaos unzähliger Opfer von Polizeigewalt. Im Mittelpunkt steht auch das Schicksal des LKW Fahrers Yann - gespielt von Pio Marmai, vertraut als Vater von Robin in der Arte Serie "In Therapie" - dessen Rollstuhlwege sich unweigerlich und unentwegt mit der Liege von Raphaela kreuzen. Und die patente Krankenschwester Kim muss in ihrer sechsten Nachtschicht versuchen, das Chaos unter Kontrolle zu halten.
Kurz - eine turbulente Komödie, bei der das Lachen auch mal im Halse stecken bleibt.

Donnerstag 2. Juni 2022
19:00 Uhr in der
Alten Turnhalle

Walter Kaufmann
Welch ein Leben!

von Karin Kaper und
Dirk Szuszies
Deutschland 2021, 101 min
Eintritt € 5,00

 

Zusammen in Vielfalt - Sonderveranstaltung mit der VHS in der Alten Turnhalle
Filmemacherin Karin Kaper ist anwesend und wird über ihre Arbeit mit Walter Kaufmann berichten, dessen schillerndes und erfülltes Leben kurz nach den Dreharbeiten mit 97 Jahren zu Ende ging

Walter Kaufmann - Welch ein Leben!

Karin Kaper wäre schon bei "Wir sind die Juden aus Breslau" nach Lohr gekommen, aber da hatten wir schon den Vortrag von Dr. Wolfgang Vorwerk über die Geschichte der Lohrer Juden eingeplant. Im Vorfeld dieser Veranstaltung haben wir Karin mit ihrem Lebensgefährten Dirk in Berlin getroffen und aus dem kurzen Gespräch zur Absprache wurde ein unterhaltsamer, informativer und anregender Nachmittag. Karin und Dirk sind in der deutschen Filmlandschaft wie aus der Zeit gefallen. Vom freien Theater kommend haben sie sich ihre ganz eigene Art des Filmemachens erarbeitet. Von der Stoffauswahl bis zum Vertrieb machen sie alles selbst und haben so ihre eigene Nische in der Film- und Medienlandschaft gefunden. Wir sind sicher, dass dieser erste Donnerstag im Juni mit Karin und ihrem Film ein ganz besonderes Erlebnis wird.

Aber vor allem gilt der Abend dem Gedenken von Walter Kaufmann, einem hierzulande weitgehend unbekannten Journalisten, Schriftsteller und Aktivisten, der am 15.04.2021 - bis zum Schluss unermüdlich kämpferisch - im Alter von 97 Jahren in Berlin gestorben ist. In seiner Geschichte spiegeln sich auf außergewöhnlichste Weise weltweit bedeutende Ereignisse, Katastrophen, Erschütterungen des letzten Jahrhunderts, die bis in unsere Gegenwart wirken.
Zur Welt kam er als Sohn der armen, jungen polnischen Jüdin Rachel Schmeidler und wurde mit drei Jahren von einem wohlhabenden Duisburger Ehepaar adoptiert. Im Gegensatz zu seinen Adoptiveltern Johanna und Sally Kaufmann konnte Walter Kaufmann der Vernichtung durch die Nazis entkommen, rettete sich als Jugendlicher mit einem Kindertransport nach England. Er wurde dort interniert und mit dem berüchtigten Schiff Dunera von den Engländern nach Australien verfrachtet, wo er noch fast zwei Jahre in einem Internierungslager verbringen musste.
Für die beiden Filmemacher sind die wesentlichen Inhalte des Lebens von Walter Kaufmann: die katastrophalen Folgen des Nationalsozialismus, die Bürgerrechtsbewegung in den USA, der legendäre Prozeß gegen Angela Davis, die Erlebnisse in Kuba, die Auswirkungen des Atombombenabwurfs in Japan, die unendliche Geschichte der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung, der Zusammenbruch der DDR, die Wiederkehr nationalistischer, antisemitischer Strömungen in Deutschland.
Es ist eine seltene letzte Gelegenheit für junge und ältere Zuschauer, die Welt aus der Perspektive dieses Zeitzeugen vermittelt zu bekommen.

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Dienstag 7. Juni 2022
18:00 Uhr

Mittwoch 8. Juni 2022
18:00 & 20:30 Uhr
Rabiye Kurnaz gegen George W. Busch
von Andreas Dresen
DE, FR 2022 119 min

 

Andreas Dresen und Laila Stieler haben ein Meisterwerk geschaffen: rührend, humorvoll und voll politischer Brisanz
Andreas Dresen gehört neben Christian Petzold zu den herausragenden deutschen Regisseuren, auf die wir im Keller abonniert sind. Mit Dresens "Als wir träumten" hatten wir das stattKino 2016 eröffnet und mit "Rabiye Kurnaz gegen George W. Busch" hoffen wir, dass die Corona-Kino-Krise sich in Luft auflöst und ihr wieder in den Kulturkeller strömt. Wir haben den Film Anfang Mai nach der Berlinale in unserem Lieblingskino Delpi Filmpalast zum zweiten Mal gesehen und sind glücklich lachend und weinend in unseren Stammsitzen in der dritten Reihe gelegen.
Andreas Dresen begann schon 2008, sich mit der unglaublichen Geschichte des fünf Jahre zu Unrecht in Guantanamo inhaftierten Murat Kurnaz zu beschäftigen. "Der ursprüngliche Plan war also, Murats Geschichte zu erzählen, diese fast kafkaeske Situation, in der er sich in Gefangenschaft befunden hat, völlig ohne Perspektive, meist ohne soziale Kommunikation. Aber, um ehrlich zu sein, ich habe es nicht hinbekommen", gesteht Dresen im Interview. Das änderte sich, als er Murats Mutter und ihren Anwalt bei einem Abendessen traf. Da wurde ihm klar, dass die Geschichte besser aus deren Perspektive erzählt werden kann.
Entscheidenden für den wunderbaren Film war aber auch Laila Stieler, die Drehbuchautorin, mit der Dresen fast immer zusammenarbeitet. Die Relevanz, die das Drehbuch für einen Film hat, wird immer noch zu wenig gewürdigt. Bei "Rabiye Kurnaz ..." war sie so offensichtlich, dass Stieler einen silbernen Bären bei der Berlinale gewann. "Schon die erste Begegnung mit Rabiye war Liebe auf den ersten Blick. Sie ist nicht nur eine tolle Person, sondern ein Geschenk für mich als Autorin. Angeregt von ihrer Erscheinung entstand auch die Idee, den politischen Hintergrund ihrer Geschichte mit komödiantischen Mitteln zu verbinden", verrät sie im Interview.
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Gelingen des Film hat die - auch mit einem silbernen Bären ausgezeichnete - Meltem Kaptan. Es ist die erste Filmrolle der Standup-Comedienne und sie spielt die Rolle von Murats Mutter einfach grandios. "Eine Frau, die die Welt umarmt und nach vorn stürmt. Eine Löwin!", stellte Dresen fest.

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MI 15. Juni 2022
18:00 & 20:30 Uhr
Parallele Mütter
von Pedro Almodóvar
Spanien 2021, 126 min

 

Einen neuen Film von Pedro Almadóvar sehen zu können, ist immer ein kleines Fest. In "Parallele Mütter" hat er unsere Erwartungen noch einmal übertroffen! Wie er eine private Geschichte vom Abenteuer des Kinderkriegens mit seiner Aufarbeitung des spanischen Traumas der Franco - Diktatur zu einem Gesamtkunstwerk verbindet, da geht die Seele auf.
Wie viele große Filmautoren arbeitet Almadóvar seit Jahren mit einer eingeschworenen "Familie" von Darstellern und Mitarbeitern. Am deutlichsten zeigt sich das bei seiner Entdeckung und engen Freundin Penélope Cruz, mit der er seit 25 Jahren zusammenarbeitet. Für "Parallele Mütter" hat sie in Venedig und bei den Oscars jeweils den Preis als beste Darstellerin mit nach Hause nehmen können.
Die Figur der Mutter und das Thema Familie ziehen sich wie ein Leitmotiv durch Almodóvars Filmografie, was nach seiner eigenen Aussage an den starken Frauen in seiner Familie liegt, die ihn seit seiner Kindheit prägten.
Janis, eine gutsituierte Werbefotografin, wird ungeplant von ihrem Anthropologen - Freund schwanger und nachdem dieser "kneift", entschließt sie sich das Kind alleine großzuziehen. Im Krankenhaus trifft sie auf die ebenfalls ungewollt schwangere 17-jährige Ana. Bei der gleichzeitigen Geburt ihrer Kinder entwickeln sie trotz unterschiedlicher Lebensumstände eine besondere Beziehung, bei denen die zwei Babys eine zentrale Rolle spielen und die Geschichte vorantreiben.
Parallel wird die Geschichte von Janis Urgroßvater erzählt, der - verscharrt in einem Massengrab - nach einer Exhumierung eine ordentliche Ruhestätte finden soll. Bei dem genialen Melodramatiker Almodóvar versteht es sich, dass sich Kinderdrama und geschichtliche Aufarbeitung zum Schluss zu einem wunderbar versöhnlichen Ende vereinen.

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MI 29. Juni 2022
18:00 & 20:15 Uhr
Die Odyssee

von Florence Miailhe
Frankreich/Deutschland/Tschechien 2020, 84 min
Eintritt € 10 davon € 6 an die Lohrer Tafel

 

Solidarität mit der Ukraine
Benefizveranstaltung im Keller

Die Odyssee

Wir hatten die Idee einer Benefizveranstaltung für die Ukraine schon lange im Kopf, aber zunächst keinen geeigneten Film gefunden. Als wir Anfang Mai "Die Odyssee" gesehen hatten, war sofort klar: Das ist der Film für so eine Aktion! Gutes tun und gleichzeitig einen wunderbaren Film genießen - besser geht es nicht.
Natürlich haben wir uns gemeinsam mit den in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen überlegt, wofür wir eure sechs Euro am besten verwenden. Wie immer sollte es eine Organisation sein, die der Arbeit in Lohr direkt zugute kommt. Da waren wir uns schnell einig, dass die "Lohrer Tafel" eine gute Adresse ist. Sie ist in der Schere zwischen nachhaltiger planenden Geschäften und einer wachsenden Zahl an Hilfsbedürftigen an ihre Grenzen gekommen. Über die aktuelle Situation wird uns die Tafel vor dem Film berichten.
Nun aber zum Film selbst: "Die Odyssee“ ist der Film zur Stunde", titelte die FAZ und schreibt weiter: "Florence Miailhe erzählt in unglaublich schönen Bildern vom Schrecken [der Vertreibung] und zwei Kindern auf der Flucht." Genauso haben wir das auch empfunden, als wir aus dem Kino kamen.
Handgemalt in 120.000 Einzelbildern in Öl auf Glas, ist "Die Odyssee“ ein einzigartiges Kunstwerk geworden. Ein Kunstwerk, das eine spannende und universelle Geschichte über Flucht und Vertreibung erzählt. Inspiriert wurde das Projekt - an dem die Künstlerin seit 2006 arbeitete - von ihrer eigenen Familiengeschichte. "Wie Tausende andere verließen meine Urgroßeltern zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ihre Heimat Odessa, auf der Flucht vor antisemitischen Pogromen", verrät Miailhe in einem Interview.
Einerseits sind es schreckliche Geschichten, die den Menschen während Vertreibung und Flucht widerfahren. Aber andererseits werden diese sich wiederholenden Geschichten in Form von Märchen erzählt, die ein glückliches Ende finden. So ist auch "Die Odyssee" ein "Märchen" - in der deutschen Fassung von Hanna Schygulla erzählt - , dessen Gegenwärtigkeit uns tief berührt.


 

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