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Filme Nov / Dez 2025

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Dienstag 4. 18:00 &
Mittwoch 5. November
18:00 & 20:10
The Life of Chuck

von Mike Flanagan
USA 2024, 110 min
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The Life of Chuck

Jetzt können wir euch endlich unseren Lieblingsfilm des Jahres zeigen! Ihr wisst natürlich, dass wir viele "Lieblingsfilme" haben, aber The Life of Chuck" von Mike Flanagan - nach einer ziemlich aktuellen Kurzgeschichte von Stephen King - hat uns jedesmal beschwingt aus dem Kino ans Tageslicht befördert. Und dabei geht es im Film um nichts Geringeres als den Weltuntergang!

Der Film erzählt seine Geschichte in drei Akten, vom Ende her - da bleibt genug Zeit, die Apokalypse zu verdauen, die vor allem via Fernsehnachrichten auf die Leinwand kommen. Als größter Verlust erscheint einem Vater beim Elterngespräch zunächst der Verlust des Internets - und vor allem das Verschwinden von YouPorn! Chuck erleben wir in diesem 3.Akt: Danke, Chuck! nur in Form einer geheimnisvollen Botschaft: »Charles Kranz - Thank you, Chuck, for 39 Years« taucht auf riesigen Plakattafeln und als Unterbrechnung im TV auf. Eine rätselhafte und verstörende Botschaft mitten im größten Chaos.

Dann im 2. Akt: Lang lebe die Straßenmusik, lernen wir den erwachsenen Chuck als Buchhalter bei einer Konferenz von Buchhaltern kennen. Ein Einzelgänger, der in der freien Zeit lieber allein durch die Straßen schlendert, als mit seinen Kollegen Bilanz-Probleme zu erörtern. Und da erleben wir die schönste Szene des Films: Eine Straßenmusikerin spielt an einer Ecke Schlagzeug; keiner interessiert sich für sie; sie träumt vor sich hin, bis sie Chuck entdeckt und den Beat langsam steigert. Und dan lässt Chuck seine Aktentasche fallen und bewegt sich im Takt der Trommeln. Er entdeckt Janice in der Menge und ruft: „Auf geht’s, kleine Schwester, tanz!“ Was folgt, ist eine Performance, wie sie das Universum noch nicht gesehen hat!

Und zum Schluss kommt der 1. Akt: Ich enthalte Vielheiten, der die Kindheit von Charles „Chuck“ Krantz erzählt. Wir erfahren, dass seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind und er von seinen Großeltern in einer viktorianischen Villa aufgezogen wurde. Es sind Großeltern wie aus dem Bilderbuch: Großvater Albie ist Buchhalter und bringt Chuck die Schönheit und Geheimnisse der Zahlen nahe, während Oma Sarah ihm die Liebe zu Tanz und Musik vermittelt ... ein später verschüttetes Talent, das im Akt 2 so umwerfend zur Geltung kommt. Im Turmzimmer der Villa gibt es ein geheimnisvolles Zimmer, an dessen Betreten Chuck von Albi mit all seinen Kräften gehindert wird. Erst nach dem Tod der Großeltern wird Chuck das Zimmer betreten und dessen magischen Kräften ausgesetzt.

Do I contradict myself?
Very well then I contradict myself,
(I am large, I contain multitudes.)
Walt Whitman

Fazit: Ein Film wie ein wunderbarer Alptraum.
Stephen King schickt uns lächelnd in den Weltuntergang!

Ein Glossar und ein Interview mit dem Regisseur und Drehbuchautor Mike Flanagan

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Mittwoch, 12. November
18:00 & 20:00
Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes

von Edgar Reitz
Deutschland 2025, 104 min
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Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes

Edgar Reitz ist der "Elefant" des deutschen Kinos! Er hat den Autorenfilm bei uns mitbegründet und macht seit 1969 Filme. Lange vor Netflix & Co hat er mit der 60-stündigen Serie "Heimat" den Hunsrück international bekannt gemacht. Mit jetzt 93 Jahren ist er immer noch aktiv. Aus dem nicht finanzierbaren Projekt einer Lebensgeschichte des Universalgenies Leibniz ist - Zufall in letzter Minute - mit Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes ein wunderbares Kammerspiel über den großen Philosophen, Juristen, Mathematiker, Erfinder (...und manchmal auch Heiratsvermittler) und seine Art zu Denken entstanden.

Fünf Jahre lang haben Reitz und sein Autor Gert Heidenreich an einem Drehbuch für ein umfassendes Porträt von Leibniz gearbeitet, um am Ende festzustellen, dass dieses Mammutwerk in der deutschen Förderlandschaft nicht finanzierbar ist. Als der Entschluss feststand, das Projekt zu begraben, Reitz und Heidenreich schon am Gehen waren, meinte der Produzent Ingo Fliess: „Besonders leid tut es mir um die erste Szene, um die Szene mit dem Maler“,... und so setzten sie sich wieder zusammen und entwickelten die Idee, einen Film ausschließlich über eine - fiktive - Porträtsitzung Leibniz' zu machen. Diesem wunderbaren Zufall verdanken wir diesen dichten, anregenden und witzigen Film Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes. Leibniz "in a Nutshell" sozusagen. Edgar Reitz über die Konsequenzen dieser Entscheidung:
"Das neue Konzept war zunächst also eine Notlösung, durch die sich aber nebenbei eine wunderbare Lösung vieler dramaturgischen Probleme ergab. Auf einmal spürten wir den Tiefensog, den der neue Erzählansatz entwickelte: Statt in die Breite ging es nun auf den Grund aller Gründe. Und noch etwas erwies sich als Tugend: Ein Kammerspiel lenkt den Fokus auf die Gesichter der Darsteller. Was sich in ihnen ausdrückt und was die Schauspieler mit den Texten machten, das wurde für mich als Regisseur zum eigentlichen filmischen Abenteuer."

Der Leibniz-Film erzählt eine Geschichte, in der fast alles historisch belegt werden kann und die dennoch fiktiv ist. Es ist überliefert, dass die preußische Königin Sophie Charlotte den großen Universaldenker seit ihrer Jugend verehrte und sehnsüchtig nach der Nähe seines Geistes verlangte. Ihre unmögliche Liebe soll durch ein Bildnis von Leibniz Erfüllung finden, mit dem sie in ihrem Berliner Schloss Charlottenburg täglich Zwiesprache halten will.

Dieses Bild ist nicht verschollen, sondern fiktiv; und doch ist die Geschichte seiner Entstehung im Film wie ein Brennglas, um den Menschen Leibniz - genial gespielt von Edgar Selge - zu vermitteln. Als erstes wird der angesehene Haus- und Hofmaler Pierre-Albert Delalandre - Paraderolle für Lars Eidinger - mit der Aufgabe betraut. Ein Geck, der mit Assistenten, vorgefertigten Gemälden und gestelzten Worten über seine Kunst den Philosophen zur Verzweiflung treibt. Nach Disputen, in denen der damit unzufriedene Philosoph den Maler mit feinsinnigen Gedankenspielen über das Verhältnis von Abbild und Abgebildetem verwirrt, ergreift Delalandre samt seinen Utensilien entnervt die Flucht.
Doch dann übernimmt die Malerin Aaltje van De Meer die Aufgabe und es entwickeln sich teils tiefgrüngige, teils amüsante Dialoge über Gott, die Welt und die Wahrheit in der Kunst. Die selbstbewusste Malerin setzt Leibniz' wortreichem Ringen mit dem Problem der Letztbegründung entgegen: »Der Grund der Kunst ist die Kunst selbst« – und verschlägt damit dem Hofrat erstmals die Sprache.

Fazit: "Wir erlebten unseren Film als ein Abenteuer auf engstem Raum. Leibniz findet man - wer hätte das gedacht - zwischen den Zeilen!" Edgar Reitz

TAZ Interview mit Edgar Reitz

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Mittwoch, 19. November
18:00 & 20:10
Wilma will mehr

von Maren-Kea Freese
Deutschland 2025, 110 min
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Wilma will mehr

Gerade wurde der neue Glücksatlas veröffentlicht: 35 Jahre nach der Wende hinkt das Glück der Ostdeutschen immer noch hinterher! Inwieweit Nachwirkungen einer überstürzten Wende dazu beigetragen haben, lässt sich trefflich in dem Film Wilma will mehr von Maren-Kea Freese unterhaltsam und doch wahrhaftig erleben.

Wilma - eine Paraderolle für Fritzi Haberlandt - ist eine Powerfrau in der DDR. Nach der Wende werden ihre Kenntnisse und ihr Einsatz von heute auf morgen nicht mehr gebraucht. »Ick hab in zwei politischen Systemen gelebt, hab nen Sohn großgezogen und war immer werktätig«, ist die Bilanz ihrer untergegangenen ostdeutschen Vita. "Ihr" Kohlekraftwerk in der Lausitz wurde abgewickelt und auch der Job in einem Elektroladen fällt einem Baumarkt zum Opfer. Als sie dann noch ihren Mann mit ihrer besten Freundin splitternackt beim Spaghetti kochen erwischt, ist Radikales angesagt! Sie fährt nach Wien, wo inzwischen ein alter Freund wohnt und ihr ein Fluchtziel verspricht.

Doch auch in Wien muss sie sich von ganz Unten - Abeitssuche auf dem "Handwerkerstrich", Übernachtung im Männerwohnheim - wieder langsam hocharbeiten. Auch die zunächst eingebildet wirkenden Wiener versteht sie nach einer Weile besser. Sie freundet sich mit der Professorin an und assistiert einem Tanzlehrer, der asiatischen Touristen in einem Crashkurs den Wiener Walzer beibringt. So hat sie bald eine heitere Wiener Clique um sich versammelt, die an Zusammenhalt und Humor ihren Weggefährt:innen im Osten nicht nachsteht.

Doch am Ende des Films kehrt sie wieder in die Lausitz und zu ihren Freundinnen zurück. Die Heimat ist ihr Platz und nach den Erfahrungen und der Selbstfindung in der Fremde ist Wilma gestärkt zurückgekommen.

Fazit: Über die Hoffnung, dass auch inmitten von Verlusten etwas Neues entstehen kann.

Zum Anhören: Deutschlandfunk Corso Gespräch mit Maren-Kea Freese


 

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