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Filme September / Oktober 2024

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MI 04. September 2024
18:00 DF & 20:00 DF
Ein Glücksfall

von Woody Allen
Frankreich 2023, 93 min

 

Ein Glücksfall

Woody Allen - geliebt oder gehasst - kommt mit seinem unterhaltsamen Spätwerk zu uns in den Keller.
Er ist der nette Onkel der Familie. Gut, da gibt es "böse" Geschichten über ihn, aber wir lieben seine neurotisch vercheckten Erzählungen über das Leben. Das halbe hat er in New York verbracht, sich dann aber mehr und mehr durch die europäischen Metropolen "gearbeitet", obwohl er sich als guter Amerikaner mit dem Sprachengewirr daselbst immer schwer getan hat.

Wir, die in die Jahre gekommene Nachkriegsgeneration, sind mit Woody Allens Filmen aufgewachsen. Haben den an Selbstunterschätzung leidenden Antihelden von "Play it Again, Sam", "Der Stadtneurotiker" und "Manhatten" ins Herz geschlossen. Jährlich hat er uns einen Film geschenkt, manchmalmal versucht, in Ingmar Bergmans Fußstapfen zu treten ... Doch vor allem haben uns seine Geschichten über verklemmte Liebhaber begeistert. Jetzt wird er bald 90 Jahre alt und irgendwann war für ihn Schluss mit der Rolle des jugendlichen Liebhabers. Seit Ende des letzten Jahrhunderts hat er die Rolle anderen übergeben müssen.

Ein Glücksfall (Coup de Chance) ist sein Alterswerk (könnt sein letzter sein, hat er in Venedig durchblicken lassen) und viele Kritker meinen, sein bester Film seit "Blue Jasmine". Hier kommt er aus dem märchenhaft romantischen Paris von "Midnight in Paris" in das mondäne Paris der Reichen und Schönen. Es ist die fast schon klassische Geschichte, dass eine scheinbar perfekte Ehe durch das zufällige Auftauchen einer Jugendliebe bedroht wird. Doch was sich in Mit Liebe und Entschlossenheit zu einem psychologischen Drama entwickelt, wird in "Ein Glücksfall" zu einer köstlichen Melange aus Liebe, Verbrechen und Schicksal. Der so elegante und einflußreiche gehörnte Ehemann Jean schreckt vor nichts zurück, um sein "Trophy Wife" in seinem Besitz zu behalten. Wir bangen um den armen, netten Schriftsteller Alain, dem nicht bewusst ist, mit welchem Feuer er hier spielt! Doch der Zufall spielt den Glücksfall ... verkörpert durch Fannys Mutter Camille.
Fazit: Eine wunderbar leichtgängige Gesellschafts-Komödie mit makabrem Abgang

Über Woody Allens erste französische Produktion

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Mittwoch, 11. September
18:00 DF & 20:15 DF
Alle die Du bist

von Michael Fetter Nathansky
DE, ES 2024, 108 min

 

Alle die Du bist

Die vielen Gesichter eines Menschen, den wir lieben

Eine kluge und starke Frau steht in „Alle die du bist“ im Mittelpunkt. Wechselhafte Blicke auf Paul, den Partner von Nadine, bestimmen das Geschehen. “Und die Erde wird / wird der schönste Platz im All“, so beginnt die Liebe zwischen den beiden

Der Film schlägt jedoch zunächst mit einer Krisensituation auf – und die jeweils unterschiedliche Sicht Nadines auf ihren Mann wird verdeutlicht durch die verschiedensten Darsteller. Zunächst verblüffend, dann aber äußerst eindrucksvoll, ist dieser Gestaltwechsel dargestellt. Mit seinen punktgenauen Dialogen verschafft der Regisseur dem Leitmotiv des Erkennens eines Menschen viel Platz. Und mit großer poetischer Kraft wird erzählt, wie durchlässig die Identität eines Menschen ist.

Eingebettet in diese Liebes- und Leidensgeschichte ist zudem die sozialrealistische Schilderung des Arbeitsfeldes der beiden Partner. Diese ist nicht lediglich Kulisse und Hintergrund, sondern ein unverzichtbarer Teil der Persönlichkeit der einzelnen Figuren.

Metaphern bestimmen die Bildsprache des Films, und sie sind zugleich Elemente des magischen Realismus und der großen poetischen Kraft von „Alle die du bist“.

Fazit: Eine zärtlich-verrückte Beziehungs­geschichte unter den rauchenden Schloten des Kohlereviers.

Lieben & Arbeiten - Jens Balkenborg in epd-film.de über "Alle die Du bist"

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Mittwoch, 18. September
18:00 DF & 20:00 DF
Liebesbriefe aus Nizza

von Ivan Calbérac
Frankreich 2024, 95 min

 

Liebesbriefe aus Nizza

Ivan Calbérac ist ein französisches Multitalent der Unterhaltung. Er ist Schriftsteller, Bühnenautor und Filmemacher in einem. 2017 konnten wir schon seine Komödie Frühstück bei Monsieur Henri im gut gefüllten Keller sehen - eine Generationen-Komödie, in der Junge und Alte lustvoll kollidieren. Wie viele seiner Filme beruhte dieser auf seiner eigenen, erfolgreichen Boulevard-Komödie.

Liebesbriefe aus Nizza entstand dagegen auf Basis seines Original-Drehbuchs. Die Idee zu diesem Film fand Calbérac bei der Lektüre eines Zeitungsartikels über einen 92-jährigen Sizilianer, der auf dem Dachboden 70 Jahre alte Liebesbriefe an seine Frau fand. Den Ehebruch vor 70 Jahren konnte er ihr nicht verzeihen ... und so wurde er zum ältesten geschiedenen Mann Italiens! Calbérac verjüngte seine Protagonisten und spendierte dem ungleichen Ehepaar noch diverse Kinder mit eigenen Geschichten. Es sind Geschichten ihrer Geheimisse, die - wie so oft - an gestrengen Vätern vorbeigehen.
"In dieser Geschichte verbirgt jeder ein Geheimnis. Alte romantische Geschichten, die für Annie unausgesprochen blieben, aber auch für François‘ oder Capucines sexuelle Orientierung. Manchmal gibt es auch ein Geheimnis über jemanden, der selbst gar nichts davon weiß, wie z.B. die genetische Abstammung des jüngsten Sohnes", verät Calbérac im Interview.

Die "Liebesbriefe ..." sind vor allem eine witzige Komödie, eine Entspannungstherapie, die auch wir gerne genießen. Was diese Sommerkomödie aus der Menge heraushebt, drückt Gaby Sikorski in filmstarts.de so aus: "Doch was Calbérac mit den bewährten Mitteln des französischen Boulevardkinos beginnt, entwickelt sich relativ unerwartet zu einer poetischen und immer noch witzigen, aber auch ziemlich tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Älterwerden, der Vergangenheit und allgemein den Erwartungen an die Liebe und das Leben."

Fazit: Sommerkomödie über eine so wilde wie wahnwitzige Vendetta an der Côte d‘Azur

Interview mit dem Autor und Regisseur Ivan Calbérac

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Dienstag, 8. Oktober 18:00
Mittwoch, 9. Oktober
18:00 DF & 20:30 DF
Zwei zu Eins

von Natja Brunckhorst
Deutschland 2024, 116 min

 

Zwei zu Eins

Die früher "sogenannte" und inzwischen untergegangende DDR hatte 200 und 500 Mark Geldscheine als Devisenreserve gedruckt, aber nie in Umlauf gebracht. Doch wie aus dem Nichts tauchten sie nach der Wende wieder auf. Sie waren offensichtlich aus dem geheimen und bewachten Lager in Halberstadt, einem Überbleibsel des NS-Regimes, gestohlen worden. Der Fall wurde nie ganz aufgeklärt ... es war wohl eine zu peinliche Wende-Geschichte.

Geld
Auf die Frage "Macht Geld glücklich?" antwortet Natja Brunckhorst: "Ich glaube eigentlich: Die Realität ist, dass Geld schon bis zu einem gewissen Grad glücklich macht. Wenn jemand, der arbeitet, sich trotzdem jeden Tag Gedanken darüber machen muss, ob das Geld dafür reicht, das Essen und die Miete zu bezahlen, dann kann Geld schon große Glücksgefühle auslösen, weil man dadurch eine gewisse Grundlage hat, eine Sicherheit. „Geld ist gedruckte Freiheit.“ Dieses Zitat von Fjodor Dostojewski steht am Schluss des Films.

Der Wende - Schock
Die ironische Distanz zum untergegangen System, bei gleichzeitig kritischer Sicht auf den hereingebrochenen Kapitalismus , durchzieht den Film. Da ist der bissige Kommentar zu der Endeckung der in der DDR völlig unbekannten 200 und 500 Mark Banknoten: "Die haben wir gedruckt, um die BRD zu übernehmen". Einem Mann aus dem alten VEB wird klar, warum sie jahrelang für den Westen diese Metall-Nupsies hergestellt haben. Er steht zum ersten Mal bei Ikea und stellt fest: 'Wir haben eigentlich nur den Westen zusammengehalten.'" Zwei Beispiele, für viele, die den Film durchziehen und die realen Konflikte bei der Wende beleuchten. Der bitterste ist wohl der Schock, dass sie ihren alten Betrieb für EINE MARK (!) von der Treuhand verkauft bekommen ... wo sie doch mit Millionen Ost-Mark gerechnet hatten. Der zweite Schock dann: IKEA & Co hatte die Nupsi Aufträge schon storniert. Die DDR als Billiglohnland ist Geschichte.

Liebe, Freundschaft und Zeitkolorit
Man kann es förmlich fühlen, dass der Film Sandra Hüller, nach den schweren Rollen der letzten Zeit, Spaß gemacht haben muss. Dass sie als die Protagonistin Maren auch noch im Zentrum zweier Verehrer steht, ist ja auch nicht jedem vergönnt. Sie mag untergegangen sein, die DDR, aber Freundschaft und Zusammenhalt vermissen die neuen BRD Bürger im Kapitalismus dann doch.
Fast überall wird in der Krtik die umwerfend authentische Ausstattung hervorgehben. "Ich war beim ersten Mal Schauen selber überrascht, dass der Look von der damaligen Zeit für mich aufgeht - sowohl im Westen als auch im Osten. Da war die Welt noch in Ordnung, weil diese Schnelllebigkeit noch nicht präsent war im Alltag. Das gab plötzlich ein vertrautes, ein wohliges Gefühl, in das man sich gern weiter reinkuscheln wollte oder will", findet Darsteller Ronald Zehrfeld.

Fazit: Liebes- und Freundschaftskomödie über Geld und Gerechtigkeit. Und eine Hommage an eine sehr besondere Zeit, in der alles möglich schien.

Gespräch mit der Filmemacherin Natja Brunckhorst - und die Tatsachen zur wahren Geschichte des Films

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Mittwoch, 16. Oktober
18:00 DF & 20:30 DF
Back to Black

von Sam Taylor-Johnson
GB, USA, F 2024, 122 min
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Back to Black

You went back to what you knew
So far removed
From all that we went through
And I tread a troubled track
My odds are stacked
I'll go back to black

Selten hat ein Film schon vor seiner ersten Aufführung, allein wegen des Trailers, einen derartigen "Shitstorm" erlebt, wie "Back to Black". Die Winehouse Fans fühlten sich verraten, weil der Spielfilm seine Freiheiten nutzt und nicht die in den Augen der Fans "wahre Amy" nachstellt. Je nach Fan Status des Kritikers fallen die Kritiken entsprechend unterschiedlich aus.
Für uns ist "Back to Black" nicht allein ein Biopic, sondern erzählt die tragische Geschichte einer von Erfolg und Ruhm überforderten Künstlerin. Eine Frau die zwischen Vater und Ehemann zerrieben, sich in Alkohol und Drogen flüchtet. Auf die Aufnahme in die Liste der Big Six im Club 27 neben Janis Joplin hätte sie sicher gerne verzichtet.

"Es gibt nicht nur die Wirklichkeit der Fakten, es gibt auch eine Wahrheit des Werks, das in der Rezeption ein Eigenleben entwickelt. Wie jedes Kunstwerk entfalten sich auch Songs in den Vorstellungen des Publikums. Sam Taylor-Johnson hat sich deshalb eine gewisse interpretatorische Freiheit herausgenommen, um das Repertoire und das Leben der Soul-Diva gleichsam als mythischen Stoff zu behandeln und die exemplarische Tragik ihrer Existenz möglichst plastisch zu gestalten." So hat Ueli Bernays in der Neue Züricher Zeitung die biographischen Freiheiten der Regisseurin verteidigt.

Fazit: Einfühlsamer Blick auf das Leben der sensiblen Künstlerin

„Back to Black“ Interview: „Wir wollten einen Film erschaffen, der kein Urteil fällt“

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Mittwoch, 30. Oktober
18:00 DF & 20:15 DF
Petra Kelly - Act Now!

von Doris Metz
Deutschland 2024, 105 min

 

Petra Kelly - Act Now!

Nur wenige Stunden, nachdem wir aus dem einzigartigen "Prager Frühling" Kino in die spätsommerliche Luft von Leipzig traten, schickten wir schon die Terminanfrage an den Verleih. So begeistert waren Renate und ich ... und das ist auch auch ein kleiner Rekord an Aktualität!

Ein Zauber, dem wir uns nicht entziehen können. Eine Welle, die das Land, die die Menschen erfasst. So war es in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, und so ist es heute wieder. Es geht um Petra Kelly - eine Persönlichkeit, die einen nicht kalt läßt. Magie liegt in der Luft.

Und worin besteht sie denn nun, diese besondere Magie des Films Petra Kelly - Act Now! ?

Der Drehbuchautorin und Regisseurin Doris Metz ist mit diesem Film eine beeindruckende Komposition aus klug ausgewähltem Archivmaterial und Live-Interviews gelungen, die das Publikum mitreißt.

Und dann ist da vor allem diese charismatische Protagonistin Petra Kelly selbst, Kosmopolitin und beredte Kämpferin für Frieden und Gerechtigkeit. Obwohl mädchenjung und feingliedrig, oft in Pastellfarben und Rüschen gekleidet, stellte sie die Autorität der Mächtigen immer wieder gekonnt und gewitzt in Frage. Das sehen wir zum Beispiel bei ihrer Begegnung mit Erich Honecker, dessen Einladung zum Gespräch sie 1983 gefolgt war. Durch ihre redegewandte und herzliche Art gelang es ihr, selbst äußerst brisante Themen bei Honecker anzusprechen.

Fazit: Porträt einer faszinierenden Frau in ihrer Zeit

Frank Arnold interviewt Doris Metz zu "Petra Kelly - Act Now!


 

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