Im Kulturkeller Weinhaus Mehling, Hauptstrasse 30, 97816 Lohr am Main Eintritt: 5 € |
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MI 03. Juli 2024 |
Irdische Verse"Und wir wussten, dass die Zeit, eine Geschichte um das Feuer herum zu erzählen, vorbei war. Jetzt ist es an der Zeit, eine Geschichte innerhalb des Feuers zu erzählen." Ali Asgari Wer die Nachrichten über die großen Filmfestivals verfolgt, hat eine Ahnung davon, dass der Iran ein ganz großes Filmland und das Verfertigen von Filmen im Land selbst eine hochriskante Tätigkeit ist. Wir erinnern uns an die Berlinale 2011: Dort blieb der Stuhl für Jury Mitglied Jafar Panahi leer, der wegen Hausarrest nicht ausreisen durfte. Dieses Jahr konnte der Filmemacher Mohammad Rasoulof nur nach einer abenteuerlichen Flucht nach Cannes kommen und seinen Film "The Seed Of The Sacred Fig" vostellen. Regiestatement und Interview mit Ali Asgari und Alireza Khatamie | |
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Mittwoch, 10. Juli |
The Zone of Interest"The Zone of Interest" von Jonathan Glazer ist wie kein anderer Film in diesem Jahr in der internationalen Filmwelt eingeschlagen. Festivalpreise ohne Ende (52 zählt IMDb, darunter der Oscar für den besten fremdsprachlichen Film und der große Preis von Cannes) und über 800 000 Besucher sind für einen Arthouse Film in Deutschland ganz selten. Dabei handelt es sich um einen Film über den Holocaust, nicht gerade ein Genre für die Massen, von Steven Spielbergs Melodrama "Schindlers Liste" mal abgesehen. Fazit: Auschwitz als Ort des Glücks? Ein zutiefst bewegender Film, der unter die Haut geht! | |
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Mittwoch, 17. Juli |
Kleine schmutzige BriefeDie großen Themen unserer Zeit - nehmen wir zum Beispiel Shitstorms - beschäftigen uns, als seien sie ein plötzlich über uns hereingebrochenes Übel. Gut, das Internet mit seinen Trollen gab es vor 100 Jahren noch nicht, aber einen veritablen Shitstorm gab es in der englischen Küstenstadt Littlehampton in den 1920er-Jahren sehr wohl. Er wurde zu einem Kriminalfall, der die ganze Nation in Atem hielt. Ausgegraben hat die Geschichte der kleinen schmutzigen Briefe der britische Autor und Comedian Jonny Sweet ... und ihr wisst ja, wie entscheidend Drehbuchautoren für das Gelingen eines Film sind! Zur "echten Bedeutung" gehört vor allem die akribische Schilderung der Verhältnisse in England nach dem 1. Weltkrieg. Da waren zum einen die verklemmte, durch Religion begründete Moral und das absolute Patriarchat, das Frauen kaum Rechte einräumte; zum anderen ging es nach dem Männer-verschlingenden Krieg nicht ohne das tatkräftige Wirken von Frauen. So begab es sich zu dieser Zeit, dass im nahegelegenen London die Suffragetten auf die Barrikaden gingen, um das allgemeine Wahlrecht für Frauen zu erkämpfen. Diese Widersprüche der Zeit werden wunderbar verkörpert durch Olivia Colman als selbstgerechte und verklemmte Edith Swan, und Jessie Buckley als ihre lebenslustige und zupackende Nachbarin Rose Gooding. Wie sich aus anfänglicher Nachbarschaftshilfe eine Feindschaft entwickelt, ist einerseits bitter, andererseits aber höchst vergnüglich anzusehen. Und dann spielt noch eine andere Frau die entscheidende Rolle in dem Kriminalfall, und zwar Gladys Moss, die erste Polizistin in Sussex, gespielt von Anjana Vasan. Sie ist intelligent und hartnäckig noch dazu. Während ihre männlichen Kollegen - mit ihren als Erfahrung getarnten Vorurteilen - natürlich sofort in Rose mit ihrem "liederlichen" Lebenswandel "scharfsinnig" die "Täterin ermitteln", gelingt es Gladys Gerechtigkeitssinn gepaart mit Chuzpe, den Fall zu lösen. Fazit: Wie die englische Kleinstadtgesellschaft sich desavouiert und die erste Polizistin im Dienste ihrer Majestät für Gerechtigkeit sorgt. Über die zugrundeliegende Geschichte, die Entstehung des Films und seine Figuren | |
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Mittwoch, 24. Juli |
Zwischen uns das LebenMan kennt die Situation: Zufällig begegnet man einem Menschen, den man vor Ewigkeiten mal liebte. Man ist sich fremd und doch nah, aber das Leben hat für beide einen anderen Weg genommen, und so sie sind angekommen in der Mitte des Lebens. Klassentreffen, mal wieder Zuhause oder zufällige Begegnungen gehören zum "Drehbuch" des Lebens. Und auch im Kino sind die Geschichten einer Wiederbegegnung zur Zeit en vogue: PAST LIVES - In einem anderen Leben oder Mit Liebe und Entschlossenheit waren schon im Keller zu sehen. Woody Allens neue köstliche Komödie "Ein Glücksfall" zeigen wir Ende August / Anfang September. Auch "Zwischen uns das Leben" ist der Film einer überraschenden Wiederbegegnung. Gerade als Mathieu an seiner Karriere als Schauspieler verzweifelt und in ein Wellness Hotel in der Bretagne flieht, begegnet ihm Alice, seine verflossene Liebe wieder. Eine Liebe, die er viele Jahre zuvor in den Sand gesetzt hatte. Es wird eine Reise zurück in eine Zeit, bevor das Leben von Mathieu und Alice "eingegleist" ... und noch reich an Optionen war. Beide kommen sich wieder nahe und wir Zuschauer fragen uns, ob Mathieu vor 16 Jahren aufs falsche Geleis abgebogen ist? Ob Alice ihre Karriere als Pianistin eingeschlagen hätte, statt mit Arzt und Tochter in einem normalen, und doch glücklichen Leben an der Küste zu enden? Doch es hat keinen Sinn über "was wäre gewesen, wenn" zu brüten. Als Zuschauer fragen wir uns, ob es Sinn macht, all das bisher Erreichte und Erlebte für ein neues Abenteuer mi ungewissem Ausgang in die "Tonne" zu hauen. Wir saßen gebannt zwei Stunden im Cinema Paris und waren uns gleich einig: Ein echter Kellerfilm! | |
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Mittwoch, 31. Juli |
GOLDA - Israels eiserne LadyWir hatten uns erst mal gedrückt. Als Roswitha jedoch begeistert von Helen Mirrens Verkörperung von Golda Meir erzählte, haben wir uns dann doch reingetraut. GOLDA - Israels eiserne Lady ist kein Kriegsfilm, wie uns der Trailer zunächst vermuten ließ. Wie Gary Oldman als Churchill in "Die dunkelste Stunde", sehen wir Golda Meir aus dem Inneren der Macht heraus auf die ständig neuen Herausforderung des Krieges - innerlich verzweifelt und äußerlich knallhart - reagieren. Der Krieg wird auf Monitoren und durch Funksprüche aus den Gefechtsgebieten eindringlich vermittelt; und alles läuft im Bunker des Kriegskabinetts zusammen. In einer Welt von Männern bewegt sich eine kaum noch erkennbare Helen Mirren. Sie spielt nicht nur, sie ist gleichsam eine Wiedergeburt von Gold Meir! Das Makeup Department hat einen tollen Job gemacht. Es ist für die Oscar-verwöhnte Schauspielerin ein Glanzpunkt ihrer Karriere geworden.
Fazit: Zeitreise in eine nach 50 Jahren noch immer nicht vergangene Zeit. | |
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Mittwoch, 14. August |
Die UnschuldWir lieben die Filme von Hirokazu Koreeda! Er ist einer der bedeutendsten humanistischen Filmregisseure - und ein sensibler Chronist von Familiengeschichten im weitesten Sinne ... und Filme die wir lieben, zeigen wir natürlich im Keller: Nun können wir endlich auch Koreedas neuesten Film, Die Unschuld , auf die Kellerleinwand werfen. Es entbehrt nicht der Komik, dass der deutsche Verleih den Originaltitel "Monster" durch sein Gegenteil "Unschuld" ersetzt hat. Doch beide haben ihre Berechtigung: Die Unschuld der zwei Jungen und die Monster, die ihnen begegnen; sind diese Monster die vermeintlich gewalttätigen Lehrer, die überfürsorgliche Mutter oder sind es die bedrohlichen Mitschüler? Renate hat natürlich zudem mal wieder ein, zwei Geister gesehen ... In jeder der drei erzählten Perspektiven finden wir andere Antworten auf die Frage nach dem Monster.
Koreeda verfasste bisher eigentlich immer das Drehbuch zu seinen Filmen. In "Die Unschuld" arbeitete er jetzt mit Yûji Sakamoto, einem seelenverwandten Drehbuchautor, zusammen. Während des Lockdowns haben die beiden gemeinsam intensiv an dem Stoff gearbeitet. Das mag dazu beigetragen haben, dass Koreeda sich noch mal selbst übertroffen hat. Auch beim Film gilt ja die alte Immobilienweisheit: Die drei wichtigsten Faktoren sind Drehbuch, Drehbuch, Drehbuch.
Auf jeden Fall könnt ihr euch auf einen spannenden, auch zwischendurch recht witzigen Film freuen, der noch lange nachhallt.
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Mittwoch, 21. August |
Die Gleichung ihres Lebens Die Erotik der Zahlen und andere Kleinigkeiten des Lebens Kurz, ein Film, wie wir - und vermutlich auch ihr - ihn lieben. Da tauchen wir ein in das Leben einer Mathematik Doktorantin, die sich nicht weniger als den Beweis der seit rund 300 Jahren unbewiesenen Goldbach Vermutung vorgenommen hat. Christian Goldbachs Vermutung - „Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Primzahlen“ - klingt zwar schlicht und stimmt für unzählige Beispiele ... aber einen Beweis, dass dies in alle Unendlichkeiten so stimmt, ist bislang keinem gelungen. Kein Wunder, dass unsere Heldin Marguerite - genial verkörpert von der schweizer Schauspielerin Ella Rumpf - ein in der Mathematik verkapseltes Genie ist. Das ändert sich erst, als Lucas, ein neuer Zögling in der Klasse des Professors Lauren Werner, ihr einen gravierenden Fehler nachweist und Marguerite das Handtuch wirft. Nunmehr geworfen in das alltägliche Leben von Paris, ist sie erstmal ziemlich verloren. Sie zieht bei der lebenslustigen Noa ein, einer gewitzten jungen Tänzerin mit wenig Ordnungssinn, die zudem immer klamm ist bei den regelmäßig fälligen Mietzahlungen. Unterschiedlicher könnten die beiden kaum sein - und doch werden sie Freundinnen. Sie ergänzen sich halt auch prächtig: Marguerite lernt das Mah Jongg Spiel und sichert in illegalen Spielhöllen die Miete der beiden, Noa ist im Gegenzug eine wunderbare Lehrerin in "Erfüllung weiblicher Sexualität". Doch die Goldbach Vermutung arbeitet weiter in Marguerites Kopf und aus dem ursprünglichen "Feind" Lucas wird ein Weggefährte, und nicht nur in der Mathematik ... Fazit: Endlich wieder einer der raren Wohlfühlfilme im Keller! | |
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Mittwoch, 28. August |
Ein kleines Stück vom KuchenWir haben ein wunderbares Publikum im Keller! Dass der iranische Episodenfilm "Irdische Verse" über die Härten und Absurditäten des Alltags in Teheran so gut ankam, hat uns riesig gefreut! Wie in der Episode über den Filmemacher bei der Filmbehörde treffend auf den Punkt gebracht, ist Filmemachen im Iran ein Höllen-Job, immer von der Repressionsmühle des Staates bedroht. In Ein kleines Stück vom Kuchen sucht eine muntere Witwe Lebensglück bei einem einsamen Taxifahrer. Eine schlichte Komödienkonstellation? Nicht für die Zensoren, die beim Sichten jede Menge Verstöße gegen die heiligen Gebote des Koran festgestellt haben ... und schwupps wurden dem Regieduo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha die Pässe entzogen, und ein weiteres Mal blieben Stühle bei der Berlinale leer. Die Hauptdarstellerin Lily Farhadpour musste bei der Pressekonferenz eine Botschaft der beiden verlesen: hier geht es zum ganzen Text. Daraus ein kleiner Auszug: Wir sind froh, euch dieses Berlinale Highlight so schnell im Keller zeigen zu können. Neben den offiziellen Preisen - Preise der Ökumenischen Jury und der FIPRESCI-Jury - war er auch der Publikumsliebling der diesjährigen Berlinale. Warum? Das hat Bettina Dunkel auf BR Kultur glasklar auf den Punkt gebracht: epd Film Interview mit dem Regie-Duo über ihren Film und die Lage der Frauen im Iran |
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